Neurologische Praxis
Dr.med. Klaus Bartylla
Die Neurologie beschäftigt sich mit den Erkrankungen des
Nervensystems. Sie trennt dabei zwischen Erkrankungen des
zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) und Erkrankungen
des peripheren Nervensystems (Nervenwurzeln, Nervenplexus und
Nerven). Unter den Nervenerkrankungen sind die Kompressionserkrankungen
der Nerven führend. Sie bewirken je nach Nerventyp vornehmlich eine
Taubheit im Nervengebiet, Schmerzen oder Lähmungen. Die häufigste
Kompressionserkrankung des peripheren Nervensystems ist das
Karpaltunnelsyndrom
oder KTS.
Karpaltunnel bedeutet Handgelenktunnel. Besonders bei lang anhaltender
starker Beugung und Streckung im Handgelenk (diagnostisch Phalen-Test) kann es bei
entsprechender Disposition zu einer Kompression des Nervus
medianus im Handgelenktunnel kommen mit entsprechender Taubheit
im Medianusgebiet (1.-4. Finger) und Schmerzen (auch Schwäche des
Daumens). Die Taubheit betrifft
subjektiv häufig die ganze Hand oder den Arm (besonders Finger 1-3),
der Schmerz die Hand oder den ganzen Arm. Die Finger fühlen sich
geschwollen an, morgens können die Beschwerden noch längere Zeit
überdauern.
Tagsüber schläft die Hand meist beim Fahrradfahren, Autofahren, Telefonieren oder beim Lesen ein. Gerade die häufige beidseitige Beteiligung grenzt das KTS von Bandscheibenproblemen seitens der Halswirbelsäule ab. Nachts ist das Einschlafen häufig schmerzhaft, die sogenannte Brachialgia nocturna (=nächtlicher Armschmerz). Meist klagen die Patienten auch über ein geschwollenes Gefühl der Hand, intuitiv lassen sie die Hand nach unten hängen und schütteln sie, um eine Besserung zu erreichen. Trotzdem hat die Mehrheit der Patienten subjektiv das Gefühl, dass die Beschwerden von der Halswirbelsäule herrühren. Oft werden daher auch unnötige bildgebende Untersuchungen der Halswirbelsäule veranlasst. Der hochgradige Verdacht auf ein KTS lässt sich in der Regel durch wenige zielgerichtete Fragen erheben (s. auch hier).
Die Entwicklung der Beschwerden ist sehr unterschiedlich. Im klassischen Fall treten plötzlich nächtliche Arm-/Handschmerzen auf mit tauber Hand. Viele Patienten haben aber auch über Jahre nur gelegentliche nächtliche Einschlafgefühle ohne große Schmerzsensationen, sowie auch gelegentlich tagsüber z.B. beim Fahrradfahren. Besonders bei älteren Patienten kann sich mehr oder weniger plötzlich eine Taubheit einstellen ohne besondere Episoden.
Junge Patienten erleben ein KTS häufiger nach ungewohnten manuellen Belastungen wie z.B. Umzugstätigkeit oder Renovierungsarbeiten. Die Prognose hinsichtlich spontaner Ausheilung ist hier besser. Auch Schwangere erfahren häufiger ein KTS mit Abklingen der Beschwerden nach der Entbindung. Langzeitverläufe haben aber gezeigt, dass viele Patienten dann doch irgendwann an einem OP-pflichtigen KTS erkranken.
Wie klärt die/der Neurolog/in/e ein KTS fachspezifisch ab ?
Er bestimmt die Leitungszeit/-geschwindigkeit des N. medianus
über dem betroffenen Segment. Dazu muss er einen Stromreiz auf der
einen Seite des Karpaltunnels setzen. Der Nerv wird dadurch erregt und
leitet diese Erregung durch den Karpaltunnel weiter. Auf der anderen
Seite wird die Erregungswelle bzw. die motorische Antwort mit
Elektroden abgegriffen und die Leitungszeit bestimmt. Diese Messung
wird als Elektroneurographie bezeichnet.
In entsprechend apparativ ausgestatteten Praxen kann auch mit Ultraschall der Nerv dargestellt
werden und auf eine Schwellung hin untersucht werden. Diese
Untersuchung ist schmerzfrei. In meiner Praxis habe ich speziell für
diese Untersuchung mein Ultraschallgerät mit einer hochauflösenden
12MHz-Sonde ausgestattet. Derzeit ist diese Untersuchung keine
Kassenleistung, sie ist auch nicht zwingend erforderlich.
Je länger die nächtlichen Kompressionszustände unbehandelt
bleiben, desto eher werden sich Nervenstörungen auch tagsüber bemerkbar machen.
Es handelt sich dabei in erster Linie um sensible Störungen im Bereich der
ersten drei bis vier Finger. Bei längerem Verlauf lassen die Patienten aufgrund
der sensiblen Störung eher Sachen fallen.
Spätestens bei deutlichen sensiblen Ausfällen sollte eine operative
Versorgung erfolgen, da sonst die sensiblen Ausfälle bleibender Natur sein
können. Die motorischen Ausfälle (=Lähmungen) sind eher gering. Durch die Schädigung des Musculus opponens pollicis kann der Daumen schlechter abgespreizt werden, was sich darin äußert, dass man beispielsweise eine Flasche schlechter umfassen kann (=Flaschenzeichen), begleitend nimmt der Muskelbauch des Daumenballens in seinem äußeren Anteil ab. Solange die
Beschwerdesymptomatik noch nicht zu lange andauert und noch keine Ausfälle
bestehen, kann auch ohne Operation (=konservativ) mit einer nächtlichen
Schienung des Handgelenkes eine Besserung erreicht werden.
Ohne Operation ist am ehesten mit dieser nächtlichen Schienung eine längerfristige Besserung zu erreichen. Bei langer Krankheitsgeschichte (länger als 6 Monate) sinken die Chancen für eine konservative Heilung zunehmend. Aufgrund des häufigen Krankheitsbildes gibt es auf dem Gesundheitsmarkt zahlreiche alternative Angebote wie Ultraschall, Laser, Dehnungsapparaturen etc., welche keinen Wirksamkeitsnachweis haben außer Einzelfallberichten.
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den Karpaltunnelcheck
OP und postoperative Nachbehandlung.
Die operative Versorgung besteht in der Durchtrennung eines Bandes am Handgelenk des sogenannten Retinakulums. Das Retinakulum wird für die Handfunktion nicht benötigt. Es kann offen (Schnitt mit freier Sicht auf das Retinakulum) durchtrennt werden oder im Rahmen eines endoskopischen Eingriffes. Die offene Durchtrennung bietet bei besserer Sicht eine höhere Sicherheit der vollständigen Durchtrennung. Das endoskopische Vorgehen hinterläßt
kleinere Narben und damit geringere Narbenprobleme. Chirurgischerseits favorisiert natürlich jeder Chirurg sein Verfahren. In der Summe ist aus Sicht des nicht-operativ tätigen Arztes kein Verfahren wirklich überlegen. Die meisten OP`s werden derzeit offen durchgeführt. Die Betäubung erfolgt meist im Rahmen einer Plexusanästhesie, eine Narkose ist nicht erforderlich. Die OP wird in der Regel ambulant durchgeführt. Postoperativ wird die Hand meist nur kurz ruhiggestellt. Nach 2-3 Wochen kann sie meist schon für
die alltäglichen Tätigkeiten benutzt werden, in der Regel ist man nach 3-4 Wochen wieder arbeitsfähig, im Einzelfall gehen die Patienten aber auf Wunsch auch schon früher wieder ihrer Arbeit nach (z.B. bei körperlich leichten Tätigkeiten). Innerhalb von 6 Wochen klingen die postoperativen Schmerzen meist ab. In Einzelfällen ist die Narbe sehr berührungs- und druckempfindlich. Dies habe ich selten gesehen. Die Beschwerden klangen meist innerhalb von 6 Monaten aus. Eine postoperative Reflexdystrophie (Sudeck) ist
sehr selten. Manchmal zeigt sich post-OP ein Schnappfinger, welcher auch eine weitere OP erforderlich machen kann. Mit der OP sind in der Regel aber die akuten Beschwerden des KTS ausgestanden. Ein Rezidiv ist sehr selten. Sensible Störungen, welche bereits dauerhaft vor der OP bestehen, sind in ihrer Ausheilung unsicher. Häufig wird in den Folgejahren ein KTS der Gegenseite symptomatisch. Wenn vor der OP beidseitige Beschwerden vorlagen, klingen aber nach der OP die Beschwerden
der Gegenseite häufig zunächst ab.
Bisherige Bewertung:592 x weitergeholfen --- 21337 x nicht weitergeholfen --- 554 x ohne Meinung
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